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B

Bevölkerung

~sdynamik: Die Bevölkerungsdynamik umfasst die Änderungen von Größe und Zusammensetzung einer Bevölkerung im Zeitverlauf. Nach dem bevölkerungswissenschaftlichen Verständnis sind es die Prozesse Geburten, Sterbefälle und Wanderungen, welche die Bevölkerungsentwicklung bestimmen. Sie werden vielfach durch Raten für Fertilität, Mortalität und Migration repräsentiert und gelten zugleich als die zentralen Variablen der Populationsdynamik. Die Bevölkerungsentwicklung, d.h. das Wachstum, die Größe, Struktur, Dichte und Verteilung von Bevölkerungen wird im wesentlichen durch diese drei Variablen bestimmt.

Bevölkerungswachstum und Bevölkerungsrückgang (synonym mit Bevölkerungsanstieg bzw. Bevölkerungsschrumpfung) bezeichnen in der Demographie die Veränderungen der Bevölkerungsgröße als Ergebnis der Geburten- und Sterbefälle sowie der Zu- und Abwanderungen (Migration). Damit sind zunächst allein quantitative Veränderungen bezeichnet, deren Ursachen im jeweiligen Falle zu spezifizieren sind. So wird von natürlichem Bevölkerungswachstum gesprochen, wenn eine Population einen Überschuss der Geburten über die Sterbefälle aufweist, andernfalls handelt es sich um Bevölkerungswachstum infolge von Zuwanderungen.

Neben quantitativen Aspekten der Bevölkerungsentwicklung müssen für die Auseinandersetzung mit deren Relevanz für Versorgungssysteme jedoch auch qualitative Aspekte berücksichtigt werden: Bei einer Bevölkerung handelt es sich nicht allein um die Anzahl von BewohnerInnen eines bestimmten Gebietes zu einem bestimmten Zeitpunkt, sondern um miteinander und mit ihrer Umwelt interagierende Individuen. Die Bevölkerungsentwicklung wird nicht allein durch demographische Variablen bestimmt, sondern steht in Abhängigkeit von ökologischen, sozio-kulturellen, ökonomischen und politischen Rahmenbedingungen. Umgekehrt wirken demographische Prozesse auf diese Rahmenbedingungen ein.
(-Arbeitskonzept; Stand: März 2004)

N

Naturverhältnisse

gesellschaftliche ~: Als gesellschaftliche Naturverhältnisse bezeichnen wir zunächst allgemein das Beziehungsgeflecht zwischen Individuen, Gesellschaft und Natur – historisch und kulturell variable Beziehungen, welche Gesellschaften in unterschiedlichen Handlungsbereichen (Ernährung, Mobilität, Arbeit und Produktion, Sexualität und Fortpflanzung etc.) sowohl zur „äußeren“ als auch zur „inneren“ Natur ihrer Individuen aufgebaut haben. Auf der Ebene der empirischen Besonderheiten wird deutlich, dass Gesellschaft und Natur nicht als Ganzheiten aufeinander bezogen sind, gesellschaftliche und natürliche Elemente sind vielmehr in unterschiedlichen Handlungsbereichen auf verschiedene, je besondere Weise dynamisch miteinander verknüpft. Daraus folgt notwendigerweise ein plurales Konzept gesellschaftlicher Naturverhältnisse (und nicht singulär „das Naturverhältnis“).

Gesellschaftliche Naturverhältnisse werden sowohl in einer materiellen als auch symbolischen Dimension reguliert. Es handelt sich um stofflich-energetische Regulationsmuster innerhalb eines symbolischen Kontextes: Gesellschaftliche Naturverhältnisse werden geprägt vom Zusammenspiel sozialer, kultureller, ökonomischer, technischer und natürlicher Wirkungszusammenhänge und den sie strukturierenden Regulationen. Die stofflich-energetischen Regulationen sind mit vielfältigen kulturellen Symbolisierungen verknüpft und darüber wiederum in gesellschaftliche Kommunikation eingebettet. In diesem symbolischen Kontext wird die Bedeutung der verschiedenen Regulationsmuster sowie deren Abhängigkeit von gesellschaftlichen Normen und Machtstrukturen bestimmt.

Es lassen sich eine Reihe basaler gesellschaftlicher Naturverhältnisse hervorheben, deren Regulation entscheidend ist für die Reproduktions- und Entwicklungsfähigkeit von Gesellschaften und ihrer natürlichen Lebensbedingungen: Arbeit und Produktion, Ernährung, Sexualität und Fortpflanzung, Mobilität und Fortbewegung etc. Zugleich handelt es sich hier um Bereiche, deren Regulationsformen heute hochgradig gestört sind. Die Perspektive basaler gesellschaftliche Naturverhältnisse eröffnet hier für die Beschreibung, Analyse und Entwicklung von Lösungsansätzen einen neuen, problemorientierten analytischen wie auch empirischen Zugang. Versorgungssysteme – so eine zentrale Hypothese des Projekts - haben erheblichen Einfluss auf die Regulation gesellschaftlicher Naturverhältnisse.
(; Stand: Februar 2004)

R

Regulation

sozial-ökologische ~: „Sozial-ökologische Regulation“ bezieht sich auf Regulierungsprobleme in komplexen Natur-Gesellschafts-Verflechtungen, im Falle von Wirkungszusammenhänge von Bevölkerungsdynamik und Versorgungssystemen. Dieses Verständnis von Regulation geht über eine sozialwissenschaftliche Konzeptualisierung hinaus, weil es auch die physisch-materiellen Aspekte mit einbezieht. Bei den im Projekt zu bearbeitenden Gegenständen ist ein solcher Begriff einem fachgebundenen, z.B. politikwissenschaftlichen oder ökonomischen Begriff vorzuziehen.

Erläutern lässt sich dies am Beispiel der zu regulierenden Versorgungssysteme: Versorgungssysteme wie die Wasser- und Nahrungsversorgung enthalten sowohl natürliche und gesellschaftliche als auch technische Elemente; sie sind außerdem extern sowohl mit zahlreichen gesellschaftlichen Bereichen (Ökonomie, Politik, Lebenswelt) und mit natürlichen Systemen (Hydrogeologie, Ökosystemen) verkoppelt. Zweck der Versorgungssysteme für Wasser und Ernährung ist es, den Bedarf der Bevölkerung eines Gebietes mit Wasser und Nahrungsmitteln ausreichender Menge und Qualität zu sichern. Damit dieser Zweck erfüllt wird, müssen solche Systeme über effektive technische, hydrologische, ökonomische, politische und ökologische Regulationsmechanismen verfügen. Für das Begreifen und die Analyse der zur unmittelbaren Zweckerfüllung von Versorgungssystemen notwendigen Regulierungen sowie der als Nebenfolgen (Probleme zweiter Ordnung) auftretenden komplexen sozial-ökologischen Problemlagen (im Sinne von Regulationsstörungen) kann deshalb nicht einfach auf ein einzelwissenschaftlich vorgeprägtes Begriffsverständnis zurück gegriffen werden.

Der Begriff der sozial-ökologischen Regulation steht in engem Zusammenhang zum Begriff der sozial-ökologischen Transformation. Veränderungen der Regulierungsformen in einzelnen Bereichen (z.B. Veränderungen der ökonomischen Regulierung durch Privatisierung) können zu Veränderungen in anderen Sektoren führen. Darauf wird wiederum mit spezifischen Regulierungen reagiert, die neue Folgeprobleme auslösen. So kann es zu einer Problemspirale kommen, welche das gesamte Geflecht der Beziehungen der Elemente (technische, ökologische, soziale) dynamisiert, die im System der Wasserversorgung auf andere Weise miteinander verkoppelt sind als im System der Nahrungsversorgung. Diese Form- und Strukturveränderungen bezeichnen wir als sozial-ökologische Transformationen.
Stand: Februar 2004

T

Transformation

sozial-ökologische ~: "Sozial-ökologische Transformation" wird im Projekt als analytischer Begriff verwendet; auf allgemeiner Ebene beschreibt er die Veränderungen der gesellschaftlichen Naturverhältnisse - d.h. der Formen und Praktiken, in und mit denen Gesellschaften ihr Verhältnis zur Natur in unterschiedlichen Handlungsbereichen regulieren. Als sozial-ökologische Transformationen betrachten wir Prozesse, die Strukturveränderungen beinhalten, in welchen bestehende Beziehungsmuster zwischen Natur und Gesellschaft aufgebrochen werden. Soziale und ökologische Prozesse werden durch diese Transformationen in neuer Weise aufeinander bezogen, die veränderte Regulationsformen bedingen. Wir gehen dabei nicht von einfachen Kausalzusammenhängen und linearen Entwicklungen aus, sondern von komplexen Wirkungsgeflechten mit Rückkoppelungseffekten.
Nach der Definition im Projekt sind sozial-ökologische Transformationen Form-, Größen- bzw. Strukturverschiebungen komplexer Gefüge. Wir verstehen sie als irreversibel und nicht zufällig. Als komplexes Wirkungsgeflecht mit Rückkopplungseffekten sind sie pfadabhängig, d. h. abhängig vom erreichten Zustand sowie den Prozessen, die ihn herbeigeführt haben. Insofern sind sie entwicklungsoffen, aber nicht beliebig. Entwicklungspfade können sich gabeln; sie sind optional, aber nicht determiniert.
Die Unterscheidung zwischen Wandel und Übergang, möglichen Kriterien der Trennlinien zwischen diesen beiden Formen von Strukturverschiebungen und insbesondere der Zuordnung sozial-ökologischer Transformationen werden gegenwärtig im Projekt diskutiert.
(-Arbeitsdefinition; Stand: November 2004)

V

Versorgungssystem

Versorgungssysteme haben die Funktion, Menschen mit Wasser, Nahrungsmitteln, Energie und Brennstoffen, Wohnraum etc. zu versorgen. In ihnen sind ökologische, soziale, technische und politische Prozesse auf je spezifische Weise miteinander verwoben. Versorgungssysteme bilden Integrationsmedien zwischen Natur und Gesellschaft. Sie sind zeitlich, räumlich und kulturspezifisch variabel, aber nicht beliebig gestaltbar. Die von den Versorgungssystemen zu erbringenden Leistungen sind unter anderem abhängig von der Anzahl der gegenwärtig und zukünftig zu versorgenden Menschen und deren Bedarf. Sie müssen daher auf die Bevölkerungsdynamik und auf die Veränderung von Bedürfnissen und Lebensstilen reagieren.
(-Arbeitsdefinition; Stand: September 2003)